Sunset Dinner at Midnight Dome

 

 

 

 

Yippieh – da sind sie ja. Wir haben „unsere“ Jungs wieder getroffen. Damit hatten wir jetzt nicht gerechnet. Wir dachten, die beiden seien uns mindestens eine Woche voraus. Dann lacht uns aber ihr rot-grauer Grisu genau von dem Parkplatz entgegen, in den wir grade einbiegen. Und schon hüpft Stefan vor unsren Ivo.

 

Wir verabreden uns zum gemeinsamen Essen am Abend und freuen uns drauf, unsere Zweisamkeiten zu verdoppeln.

 

Wir stehen hoch oben am Midnight Dome. Unter uns liegt das riesige Tal, die Goldgräberstadt Dawson City, von der einen Seite rauscht der Yukon durchs Tal, auf der anderen Seite der Klondike River. Die Aussicht ist grandios und wird uns nur durch den einsetzenden Regen kurzzeitig etwas vermiest. Aber was soll`s: wir haben viel zu erzählen, zu lästern, zu scherzen… Ja, das Leben „auf der Straße“ wird ja total unterschätzt! Da glauben die Leute, wir würden einfach nur Urlaub machen? Nein, wir reisen! Für uns gibt es kein Wochenende und nur ;-) hin und wieder einen Feierabend – heute soll einer sein! 

 

Schon klart es auf, der Regen setzt aus und wir bereiten unsere Festtafel. Ein großer Holzpicknicktisch wird kurz abgewischt und gedeckt… da kommen die ersten Gäste. Ein kleinerer Touristenbus hält und spuckt etwa 20 Menschen aus, die direkt vor unserer Festtafel von einer Ortskundigen in alle Geheimnisse der Region eingeweiht werden, und mehr oder minder interessiert zuhören. Kein Problem, denken wir, denn üblicherweise geht der zweite Teil der Führung rüber zum nächsten Aussichtsplatz – heute aber nicht!

 

Unser Festmahl ist fertig. Eine köstliche Hackfleischsoße mit Pasta, Salat, Baguette, Olivenöl, ein Gläschen Wein – was braucht es mehr?

 

Weitere Gäste treffen ein. Mehrere Kleingruppen, ein paar deutsche Touristen, einige US-Amerikaner… und sie lassen nichts aus. Je nach Temperament und Bildungsgrad wechseln die Kommentare zu unseren Fahrzeugen zwischen dem bereits erwähnten awesome und „bad-ass-rigs“. Dazu die bekannten Nachfragen, was wir tun, wo wir herkommen, wie es uns gefällt, was uns bisher am besten gefallen hat, wo wir noch hinwollen? Manch einer ignoriert die sensationelle Aussicht und erklärt uns zur interessanteren Attraktion. Und wir geben uns alle Mühe jeden zufrieden zu stellen!

 

 

 

Eine der US-Amerikanerinnen schließt uns ganz besonders in ihr Herz. Das Essen riecht so köstlich! Woher kommen wir, was tun wir, wie gefällt es uns, wo geht`s noch hin? Zwischen jedem Happen beantworten wir weniger begeistert aber immer noch freundlich alle Fragen… wie kann man sich so was leisten? Ups! Fragt uns eine Frau, deren etwa 500.000 Dollar Komfort-Reisemobil mit einer Länge von mindestens 15 Metern oben an der Straße steht! Dann erkennt sie Stefan wieder, der am Vorabend mit den Cancangirls in Dawson City auf der Bühne getanzt hat. „Oh, you`re that bad boy“, überschlägt sich ihre Stimme. Schließlich gerät sie völlig aus dem Häuschen und hebt gegen Ende ihres etwa halbstündigen Auftritts den Topfdeckel auf unserem Tisch an, um zu sehen, ob es noch mehr zu bestaunen gibt, und vermeidet offenbar nur mit großer Mühe, nicht auch noch in Thomas Teller zu greifen.

 

Derweil ist unser „public Festmahl“ beendet und bei all dem Trubel wär` uns fast die eintreffende Bärenfamilie durch die Lappen gegangen. Sie immerhin interessieren sich nicht für uns. Eine Kanadierin, etwa Anfang 50, hält drei Bären unterschiedlicher Größe und Ausstattung auf dem Arm, ihre Tochter hat nur einen dabei, der aber ist farblich auf ihre lila Jacke abgestimmt… Papabär verpasse ich leider.

 

Neue Gäste treffen ein… unser Sprachgenie Thomas wechselt zu französisch, um sich mit einem Schweizer zu unterhalten und Stefan macht natürlich sehr gerne ein Foto, von dem netten Grauhaarigen mit seinem Motorrad. „Mein“ Thomas stellt die etwas unglückliche Frage, warum der Mitvierziger, der vorbeikommt, ausgerechnet ein Fußballtrickot von Carl Zeiss Jena trägt…während „unser“ Linguisten-Thomas inzwischen ganz oben auf dem Aussichtshügel mit einer kleinen Menschentraube um sich steht, wie der neue Gästeführer von Dawson…

 

Es ist Mitternacht und die Sonne färbt sich knall rot, um hinter den Bergen zu verschwinden. Danach legt sich der Trubel. Um 1 Uhr morgens, es ist immer noch hell, gehen wir sehr zufrieden mit unserem Tagwerk in die Betten.

 

Nein, wir kennen kein Wochenende und auch nur hin und wieder einen Feierabend.