Victoria

 

So, nicht dass hier der Eindruck entsteht, uns würden nur die Naturschönheiten der bereisten Länder interessieren oder wir nur Pinguine zählen – nein, wir sind durchaus auch an Land und Leuten und deren Geschichte interessiert.

 

Also beschließen wir einen Zwischenstopp an der Victoria einzulegen. Puerto San Julián liegt ohnehin auf unsrer Strecke und hier gibt es einen Nachbau eines Segelschiffs, eben der Victoria, in Originalgröße zu bestaunen. Es war eines der fünf Schiffe, die unter der Flotte Magellans anno 15hundert-irgendwas hier rumgeschippert waren.

 

Tja, und hier liegt sie also nun vor uns, die Victoria. Sie ist deutlich kleiner, als wir gedacht hatten und der Nachbau… naja, sagen wir mal, ambitioniert. Dennoch ist unser Interesse geweckt und wir fragen mal nach, was es kostet, das gute Stück auch von innen zu sehen. 50 argentinische Peso pro Nase, also 2 Euro 33 für uns beide – ja, da wollen wir uns doch mal nicht lumpen lassen.

 

Die freundliche Señora öffnet uns das kleine Holztürchen, führt uns aufs Schiff und bedauert, dass sie kein Englisch spricht. So erfahren wir, dass in unsrer üppigen Geldanlage eine Führung mit Inbegriffen ist. Und sie legt los, auf spanisch eben. Nur gut, dass wir schon einiges über Ferdinand Magellan und seine Flotte gelesen haben. Das gibt uns immer wieder die Gelegenheit wissend zu nicken und Thomas ergänzt das, in dem er immer mal wieder nachfragt, ob er diese oder jene Zahl auch richtig verstanden hat. Ja, wir sind mittendrin, nicht nur dabei!

 

Der Portugiese hatte hier mit seiner Flotte unter spanischer Flagge drei Jahre lang nach dem Seeweg zwischen dem Atlantik und Pazifik gesucht. Erfolgreich, wie ihr wisst, denn die Magellanstraße wurde ja schließlich später nach ihm benannt. Und siehe da, da steht er ja auch schon auf dem Schiff, Señor Magellan in Lebensgröße, in Plastik gegossen, wie einige weitere seiner Gefährten, die wir so auf unsrem Rundgang schmunzelnd kennen lernen. Die Mickey-Mouse-Szenerie wird von einer Plastik-Kuh, ein paar grimmig blickenden und in Fell gehüllte Ureinwohner, ja sogar den großen Segeltüchern aus Plastik ergänzt. Immerhin erfahren wir so, dass Herr Magellan ein echter Zwerg war, gerade mal 1,52 m groß und im übrigen auch ein wenig sympathischer Zeitgenosse, der gerne mal ein paar seiner Mannen köpfen oder vierteilen ließ.

 

 

Die freundliche Argentinerin ist selbst sichtlich angetan von der Lebensnähe des Schiffnachbaus und weist mal auf die Feuerstelle, mal auf das Bettchen in der Kapitänskajüte – und so erreichen wir schließlich den Höhepunkt der Führung. In einer Ecke steht einer der Plastik-Seemänner an einem Holzfass, wir verstehen, dass darin der Fisch in Salz eingelegt wurde. Unsre Begleiterin sucht hinter sich nach einem Schalter und wir hören etwas irritiert ein Surren und Quietschen, gucken uns Hilfe suchend um und sehen schließlich, wie der Plastikfisch des Plastikseemanns sich langsam weiter nach unten Richtung Holzfass bewegt.

 

Wieder an Deck schlägt sie uns zum Abschluss noch vor, gerne auf den Bug des Schiffs nach vorne zu steigen, vielleicht wollten wir ja ein Foto machen. Ich spiele kurz mit dem Gedanken mich wie Kate ganz vorne auf die Reeling zu drapieren und „my heart will go on“ anzustimmen… aber das ist eine andere Geschichte und die wurde ja auch schon besser erzählt.